120
Und es waren Schilder umher mit künstlichen Schriften;
Jeder durfte nur lesen, und so verstand er die Fabel.
'Höret nun weiter vom Spiegel! daran die Stelle des Glases
Ein Beryll vertrat von großer Klarheit und Schönheit;
Alles zeigte sich drin, und wenn es meilenweit vorgieng,
War es Tag oder Nacht. Und hatte jemand im Antlitz
Einen Fehler, wie er auch war, ein Fleckchen im Auge;
Durft' er sich nur im Spiegel besehn, so giengcn von Stund' an
Alle Mängel hinweg und alle fremden Gebrechen.
Jst's ein Wunder, daß mich es verdrießt, den Spiegel zu missen?
Und es war ein köstliches Holz zur Fassung der Tafel,
Sethym heißt es, genommen, von festem, glanzendem Wüchse,
Keine Würmer stechen es an und wird auch, wie billig,
Höher gehalten als Gold, nur Ebenholz kommt ihm am nächsten.
Denn aus diesem verfertigt' einmal ein trefflicher Künstler
Unter König Krompardes ein Pferd von seltnem Vermögen,
Eine Stunde brauchte der Reiter und mehr nicht zu hundert
Meilen. Ich könnte die Sache für jetzt nicht gründlich erzählen,
Denn es fand sich kein ähnliches Roß, so lange die Welt steht.
'Anderthalb Fuß war rings die ganze Breite des Rahmens
Um die Tafel herum, geziert mit künstlichem Schnitzwerk,
Und mit goldenen Lettern stand unter jeglichem Bilde,
Wie sich's gehört, die Bedeutung geschrieben. Ich will die Geschichten
Kürzlich erzählen. Die erste war von dem neidischen Pferde:
Um die Wette gedacht' es mit einem Hirsche zu laufen;
Aber hinter ihm blieb es zurück, das schmerzte gewaltig;
Und es eilte darauf mit einem Hirten zu reden,
Sprach: 'Du findest dein Glück, wenn du mir eilig gehorchest.
Setze dich auf. ich bringe dich hin, es hat sich vor kurzem
Dort ein Hirsch im Walde verborgen, den sollst du gewinnen;
Fleisch und Haut und Geweih, du magst sie theuer verkaufen,
Setze dich auf, wir wollen ihn« nach!' — 'Das will ich wohl wagen!'
Sagte der Hirt und setzte sich auf, sie eilten von dannen.
Und sie erblickten den Hirsch in kurzem, folgten behende
Seiner Spur und jagten ihm nach. Er hatte den Vorsprung,
Und es ward dem Pferde zu sauer; da sagt' es zum Manne:
'Sitze was ab, ich bin müde geworden, der Ruhe bedarf ich.'
'Nein, wahrhaftig!' versetzte der Mann, 'du sollst mir gehorchen,
Meine Sporen sollst du empfinden, du hast mich ja selber
Zu dem Ritte gebracht;' und so bezwang es der Reiter.
Seht, so lohnet sich der mit vielem Bösen, der, andern
Schaden zu bringen, sich selbst mit Pein und Übel beladet.
'Ferner zeig' ich Euch an, was auf dem Spiegel gebildet
Stand: wie ein Esel und Hund bei einem Reichen in Diensten
Beide gewesen! So war denn der Hund nun freilich der Liebling,
Denn er saß beim Tische des Herrn und aß mit demselben
Fisch und Fleisch und ruhte wohl auch im Schoße des Gönners,
Der ihm das beste Brot zu reichen pflegte, dagegen
Wedelte mit dem Schwänze der Hund und leckte den Herren.
'Boldcwyn sah das Glück des Hundes, und traurig im Herzen
Ward der Esel und sagte bei sich: 'Wo denkt doch der Herr hin,
Daß er dem faulen Geschöpfe so äußerst freundlich begegnet?
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T195: [Pferd Tier Hund Schaf Löwe Wolf Rind Mensch Schwein Thiere]]
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T66: [Geschichte Iii Vgl Nr. Aufl Gesch Lesebuch Bild fig deutsch]]
TM Hauptwörter (200): [T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T42: [Vogel Nest Junge Eier Schnabel Storch Taube Flügel Fuchs Frosch], T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
79
was wir Dorrn Jahr für Narren gewesen sind? Haben uns den
schönen Tag verdorben wegen des Vogels.' <Ja,' sagte die Frau,
Üind du hast mich immer zwingen wollen, ich soll sagen, es sei ein
Fink, und ist doch eine Grasmücke gewesen.' — ^Frauele,
machst du für Sachen? Wie kannst bu das noch sagen?' ries
Meister Huber, und die Zornesader schwoll ihm aus der Stirne.—
<Ja, ja, ich will ja sagen, es ist ein Fink gewesen, ja, ja, ein —
<Du sollst es nicht bloß sagen, du sollst es auch glauben.' — ^Glauben?
Ja, ja, wie du's willst, ja.' — Mein, nicht bloß, weil ich's will,
du mnßt's einsehen, daß du dich geirrt hast; oder willst du noch
einmal —?' — Mein, ich sag': willst du noch einmal? Hast du ver-
gessen, wie du das damalige bereut hast? 3u so etwas kann man
einen andern nicht zwingen; ja, man kann sich selber nicht zwin-
gen, etwas zu glauben, was man nicht glaubt.' — Die Faust
Meister Huber's entballte sich, und er reichte die Friedenshand seiner
Frau über den Tisch und sagte: Mber ich kann mich zwingen,
und von heut an will ich dir zu Lieb annehmen, es ist eine Gras-
mücke gewesen.' — <Das will ich wieder nicht,' sagte die Frau.
<Das wäre ebenso wenig recht von mir, als es von dir gewesen
ist. Du müßtest doch im Innern denken, es ist ein Fink gewesen.'
— <Jch sage aber meiner Frau zu Lieb anders.' — <Das könnt'
ich ja ebenso gut wie du auch so machen, aber das darf nicht sein.
Es schadet nichts, wenn zwei über eine Sache verschieden denken;
wenn eines nur dem andern glaubt, daß es bei ihm wahr ist,
dann wird man auch nicht verlangen, daß es anders glauben soll,
als es kann. Es darf keines vom andern verlangen, daß es ihm
zu Lieb heucheln soll. Das wäre die ärgste Sünde. Wo's draus
ankommt, etwas zu thun, da kann man sich zwingen; aber zu Lieb
glauben kann man nicht, und gottlob, es sind ja nur Kleinigkeiten,
über die wir nicht einerlei Meinung sind. Es ist nichts als ein
Streit um einen Pfiff. Und es muß dir noch eine besondere
Freude sein, daß ich dir in derlei Sachen nicht nachgebe und nicht
heuchle. Das wäre ja viel leichter. Du kannst daraus abnehmen,
daß, wenn ich sage: <Jch bin mit dir einerlei Meinung,' ich es auch
gewiß und wahrhaftig bin.' Dafür kannst du schon den Streit
um einen Pfiff dreingeben.' — *Dn bist ein ehrliches Herz,' sagte
Meister Huber, und er hatte Gelegenheit, das sein ganzes Leben
lang als Wahrheit zu erkennen, und der Streit um einen Pfiff
war in den Wind geblasen.
45.
Ermunterung.
Von Salis.
Gedichte 4. Ausl. Zürich 1800. S. 11.
S^eht, wie die Tage sich sonnig verklären!
Blau ist der Himmel und grünend das Land.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe]]
TM Hauptwörter (200): [T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch]]
138
Wie zum Gruß ihr Haupt bewegten.
Die viere dann die Tafel legten
Auf der Stollen schneeweiß Helfenbein,
Das zuvor man trug herein.
Man sah sie züchtig wieder gehn
Und bei den ersten vieren stehn.
Röcke grün wie Gras zu schauen
Trugen diese acht Frauen
Aus edelm Sammt von Aßagauch,^)
Lang und weit, so will's der Brauch.
Ein theurer Gürtel schmal und lang
In der Milte sie zusammen zwang.
Dieser acht Jungfrauen klug
Auf dem Haupt jegliche trug
Ein Blumenkränzlein wohlgethan.
Von Nonel der Graf Iwan
Und Jernis, der Herr von Reile,
Ihre Töchter über manche Meile
Hatte der Gral in Dienst genommen.
Man sah die Jungfrauen kommen
In gar wonniglichem Staat.
Zwei Messer, schneidig wie ein Grat,
Trugen die Jungfrarien hehr
Auf zweien Zwickeln daher.
Von Silber ist die Kling und weiß,
Und nicht versäumt von Künstlerfleiß,
Geschärft, gewetzt zu solcher Glätte,
Daß es wohl Stahl geschnitten hätte.
Vor dem Silber trugen Frauen werth,
Die auch der Gral zumdienst begehrt,
Lichter, daß es heller sei,
Vier Kinder alles Tadels frei.
So giengen diese sechse nun:
Höret, was sie sollen thun.
Sie grüßten. Zweie trugen dar
Auf die Tafel wunderklar
Das Silber und legten's nieder.
Dann giengen sie mit Züchten wieder
Zu den ersten zwölfen hin.
Wenn ich recht berichtet bin,
Hier sollen achtzehn Frauen stehn.
Nun sieht man neue sechse gehn
In Kleidern, die man schwer bezahlt:
Es war zur Hälfte Plialt,4)
Zur Hälfte Pfeils von Ninnive.
Sie und die sechse, der ich eh
Gedachte, trugen getheilte Tracht,
Jeder Theil aus andern: Stoffgcmacht.
Nach diesen kam die Königin.
Ein Glanz von ihrem Antlitz schien,
Sie wähnten all', es wolle tagen.
Ein Kleid sah man die Jungfrau tragen
Von Pfellel aus der Arabie.«)
Auf grünem Kissen von Achmardi
Trug sie des Paradieses Fülle
So den Kern wie die Hülle.
Das war ein Ding das hieß der Gral,
Jrdschen Segens vollster Strahl.
Repanse de Schote hieß,
Von der der Gral sich tragen ließ.
Der Gral war von solcher Art:
Sie hat das Herz sich rein bewahrt,
Der man gönnt des Grals zu pflegen:
Sie dürfte keine Falschheit hegen.
Lichter kamen vor dem Gral:
Die waren schön und reich zumal.
Sechs lange Gläser hell und klar,
Drin brannte Balsam wunderbar.
Da sie gemeßnen Schritts herfür
Zur Tafel kamen von der Thür,
Die Königin verneigte sich
Und jede Jungfrau züchtiglich,
Die da Batsamgläser trug.
Die Königin ohne Falsch und Trug
Setzte vor den Wirt den Gral.
Die Märe spricht, daß Parzival
Sie hab' andächtig lang beschaut,
Der der Gral war anvertraut;
Er hatt' auch ihren Mantel an.
Die sieben giengen auch hindann
Und standen bei den achtzehn ersten.
Da nahmen alle die Hehrste
Zwischen sich: zwölf standen ihr
Zu beiden Seiten, sagt man mir.
Da stand diemagd, diekrone tragend,
Schön aus den Gespielen ragend.
All den Rittern zumal,
Die da saßen in dem Saal,
Ließ man von Kämmerlingen
In goldnen Becken Wasser bringen.
Immer vier bediente einer
Und ein Junker, ein kleiner,
Der eine weiße Zwickel trug.
Man sah da Reichthum genug.
Der Tafeln mußten hundert sei»,
Die man zur Thüre trug herein.
Man setzte jegliche schier
Vor der werthen Ritter vier;
Tischlachen blendend weiß
Legte man darauf mit Fleiß.
Der Wirt nun selber Wasser nahm;
Er war an frohem Muthe lahm.
3) Land in Afrika. 4) ein seidener Goldstoff. 5) kostbares Scidengewebc. 6) Stadt
in Morland.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T41: [König Siegfried Held Hagen Mann Günther Frau Gudrun Kriemhild Tod], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld]]
139
Da wusch sich Parzival zugleich.
Eine seidne Zwickel bilderreich
Hielt ein Grafensohn ihm hin;
Den sah man hurtig niederknien.
Wo keine Tafel war gestellt,
Bier Knappen sah man da gesellt,
Daß sie zu dienen nicht vergäßen
Denen, die da oben säßen.
Zweie mußten kniend schneiden;
Die andern durften's nicht vermeiden,
Sie trugen Trank und Speise dar
Und nahmen ihrer dienend war.
Hört mehr von Pracht und Reich-
thum sagen.
Vier Karossen mußten tragen
Manchen goldnen Becher dar
Jedem Ritter, der zugegen war.
Die wurden rings umher gerollt;
Von vier Rittern ward das Gold
Auf die Tafeln hingesetzt.
Ein Schaffner folgte zuletzt;
Dem war das Amt aufgetragen,
Daß er es wieder in den Wagen
Setzte, wenn gedienet wäre.
Nun vernehmet andre Märe.
Hundert Knappen man gebot,
Die nahmen in weiße Zwickeln Brot
Ehrerbietig vor dem Gral.
Zurück dann traten sie zumal
Und vertheilten vor die Tafeln sich.
Man sagte mir, so sag' auch ich
Auf euern eigenen Eid:
Vor dem Grate war bereit
(Sollt' ich wen damit betrügen.
So müsset ihr mir helfen lügen),
Wonach einer bot die Hand,
Daß er alles stehen fand,
Speise warm, Speise kalt,
Speise neu und wieder alt,
Fisch und Fleisch, Wild und Zahm.
'Es ist kein wahres Wort daran,'
Hör' ich manchen sprechen;
Der will sich allzu viel erfrechen.
Der Gral war alles Segens Born,
Weltlicher Süße ein volles Horn,
Er that es dem beinahe gleich,
Was man erzählt vom Himmelreich.
In kleine Goldgefäße kam,
Was man zu jeder Speise nahm,
Pfeffer, Salz und Agraß.?) 7
7) eine Obstbrühe. 8) ein gemachter 8
der Knopf.
Der Genügsame, der Fraß,
Alle hatten da genug;
Höflich man es vor sie trug.
Moraß, 8) Wein, Sinopel ») roth,
Wonach den Napf ein jeder bot.
Was er Trinkens mochte nennen,
Das konnt' er gleich darin erkennen,
Alles durch des Grales Kraft.
Die herrliche Gesellschaft
Ward bewirtet von dem Gral.
Wohl bemerkte Parzival
Den Reichthum und das große Wunder;
Doch nicht zu fragen unterstund er.
Er gedachte: 'Treulich rieth
Mir Gurnemans, bevor ich schied,
Ich sollte vieles Fragen meiden;
Man wird mich hier wohl auch be-
scheiden,
Wie es dort bei ihm geschah.
So hör' ich ohne Frage ja,
Wie es um diese Leute steht.'
Wie er so dachte, sieh, da geht
Einknappe herund bringteinschwert,
Die Scheide tausend Marken werth;
Das Gehilz") war ein Rubin,-
Auch war die Klinge, wie es schien,
Großer Wunder Thäterin.
Seinem Gaste gab der Wirt es hin
Und sprach: 'Es half mir in dernoth
Manchesmal, bevor mich Gott
So schwer am Leibe hat verletzt.
Ich hoffe, daß es Euch ersetzt, °
Was hier gebricht an Eurer Pflege;
Führt es künftig allewege:
Ihr seid, erkennt Ihr seine Art,
Im Streite wohl damit verwahrt.'
Weh, daß er da vermied zu fragen!
Das muß ich noch für ihn beklagen.
Denn da das Schwert ihm ward ge-
geben,
Das mahnt' ihn, Frage zu erheben.
Auch jammert mich sein edler Wirt,
Daß er der Qual nicht ledig wird,
Der ihn enthoben hätte Fragen.
Nun war hier sattsam aufgetragen.
Die's angieng, griffen's wieder an
Und trugen das Geschirr hindann.
Die vier Karossen lud man da;
Jedes Fräulein seinen Dienst versah,
Erst die letzten, dann die ersten.
Sie traten alle mit der Hehrsten
ein. 9) ein beliebtes Getränk aus Obst. 10)
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel]]
TM Hauptwörter (200): [T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T41: [König Siegfried Held Hagen Mann Günther Frau Gudrun Kriemhild Tod], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch]]
157
auszer einem der ehemaligen treusten diener seines vaters; diesen
bat er flehentlich, dasz er ihn nicht verrathen möchte, ‘bei meiner
treue,’ antwortete jener, ‘ich will dich niemanden offenbaren, so
lange ich dich verhehlen kann.’ ‘ich bitte dich,’ sagte Adelgis,
‘heute, wann du beim könig zu mittag speisest, so setze mich ans
ende eines der tische, und schaffe, dasz alle knochen, die man
von der tafel aufhebt, vor mich gelegt werden.’ der andere ver-
sprach es, denn er war’s, der die königlichen speisen auftragen
muszte. als nun das mahl gehalten wurde, so that er allerdings
so und legte die knochen vor Adelgis, der sie zerbrach und gleich
einem hungrigen löwen das mark daraus asz. die Splitter warf er
unter den tisch und machte einen tüchtigen hausen zusammen,
dann stand er früher als die andern auf und gieng fort, der kö-
nig, wie er die tafel aufgehoben hatte und die menge knochen
unter dem tische erblickte, fragte: ‘welcher gast hat so viele
knochen zerbrochen?’ alle antworteten, sie wüszten *es nicht;
einer aber fügte hinzu: ‘es sasz hier ein starker degen, der brach
alle hirsch-, baren- und ochsenknochen auf, als wären es hanf-
stengel.’ der könig liesz den speisaufträger rufen und sprach:
‘wer, oder woher war der mann, der hier die vielen knochen zer-
brach?’ er antwortete: ‘ich weisz es nicht, herr.’ Karl erwi-
derte: ‘bei meines hauptes kröne, du weiszt es.’ da er sich be-
treten sah, fürchtete er und schwieg, der könig aber merkte
leicht, dasz es Adelgis gewesen, und es that ihm leid, dasz man
ihn ungestraft von dannen gehen lassen; er sagte: ‘wo hinaus ist er
gegangen?’ einer versetzte: ‘er kam zu schiff und wird vermuth-
lich so weggehen.’ ‘willst du,’ sprach ein anderer, ‘dasz ich ihm
nachsetze und ihn tödte?’ ‘auf welche weise?’ antwortete Karl,
‘gieb mir deine goldenen armspangen, und ich will ihn damit be-
rücken.’ der könig gab sie ihm alsbald, und jener eilte ihm schnell
zu lande nach, bis er ihn einholte, und aus der ferne rief er zu
Adelgis, der im schiffe fuhr: ‘halt an! der könig sendet dir seine
goldspangen zur gäbe; warum bist du so heimlich fortgegangenv
Adelgis wandte sein schiff ans ufer, und als er näher kam und
die gäbe auf der Speerspitze ihm dargereicht erblickte, ahndete er
verrath, warf seinen panzer über die schulter und rief: ‘was du
mir mit dem speere reichst, will ich mit dem speerc empfangen ;
sendet dein herr betrüglich diese gäbe, damit du mich todten
sollest, so werde ich nicht nachstehen und ihm meine gäbe senden.’
darauf nahm er seine armspangen und reichte sie jenem auf dem
speer, der in seiner erwartung getäuscht heimkehrte und dem kö-
nig Karl Adelgis spangen brachte. Karl legte sie sogleich an,
da fielen sie ihm bis auf die schultern nieder. Karl aber rief aus:
‘es ist nicht zu wundern, dasz dieser mann riesenstärke hat.’ 1
1) vergi. Hildebrands lied z. 36.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T132: [König Karl Italien Otto Kaiser Papst Reich Sohn Rom Jahr], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
Extrahierte Personennamen: Adelgis Karl_erwi- Karl Adelgis Karl Karl Karl_Adelgis Karl Karl Karl Karl
102
2) Nimmt er sechs Loth des besten Arseniks, pulverisiert und
kocht ihn in zwei Kannen Milch und tractiert die Damens
damit. Sobald ihnen übel wird, läßt er sie zwei bis drei
Löffel voll geschmolzenes Blei nachtrinken, und die Gesellschaft
geht gutes Muths und lachend aus einander.
3) Läßt er sich eine Holzaxt bringen und schlägt damit einen
Chapeau vor den Kopf, daß er wie todt zur Erde fällt. Auf
der Erde versetzt er ihm den zweiten Streich, da dann der
Chapeau sogleich aufsteht und gemeiniglich-fragt, was das für
eine Musik sei. Übrigens so gesund, wie vorher.
. 4) Er zieht drei bis vier Damens die Zähne sanft mt8, läßt sie
von der Gesellschaft in einem Beutel sorgfältig durcheinander
schütteln, ladet sie alsdann in ein kleines Feldstück und feuert
sie besagten Damen ans die Köpfe, da denn jede ihre Zähne
rein und weiß wieder bat.
5) Ein metaphysisches Stück, worin er zeigt, daß wirklich etwas
zugleich sein und nicht sein kann. Erfordert große Zube-
reitung und Kosten, und giebt er es bloß der Universität zu
Ehren für einen Thaler.
6) Nimmt er alle Uhren, Ringe und Juwelen der Anwesenden,
auch bares Geld, wenn es verlangt wird, und stellt jedem
einen Schein ans. Wirst hierauf alles in einen Koffer und
reiset damit nach Cassel. Nach acht Tagen zerreißt jede Per-
son ihren Schein, und so wie der Riß durch ist, so sind Uhren,
Ringe und Juwelen wieder da. Mit diesem Stück hat er sich
vieb Geld verdient.
Nb. Diese Woche noch auf der obern Stube des Kaufhauses,
künftig aber hoch in freier Luft über dem Marktbrunnen. Denn
wer nichts bezahlt, sieht nichts.
Göttingen, den 7ten Jenner 1777.
61.
Der zerbrochene Krug.
Von Heinrich von Kleist.
Aus dem gleichnamigen Lustspiel.
Gesammelte Schriften, herausg. von Julian Schmidt. Berlin 1859. Ii, 45.
(Der Frau Marthe Rull, Witwe in einem niederländischen Dorfe bei Utrecht, ist nachts
ein Krug zerbrochen, und sie belangt den vermeintlichen Thäter Ruprecht — der wirkliche
Thäter ist der Richter Adam selber — vor Gericht. Die folgende Geschichte des Kruges
bildet einen Theil der gerichtlichen Anklage, vorgebracht von der Frau Marthe.)
Acht ihr den Krug, ihr werthgeschätzten Herren?
Seht ihr den Krug? . . .
Nichts seht ihr, mit Verlaub, die Scherben seht ihr;
Der Krüge schönster ist entzwei geschlagen.
Hier grade auf deni Loch, wo jetzo nichts,
Sind die gesammtcn niederländischen Provinzen
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T46: [Körper Blut Wasser Luft Haut Magen Herz Speise Muskel Mund], T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium], T107: [Eisen Gold Silber Kupfer Blei Metall Salz Zinn Stein Mineral]]
Extrahierte Personennamen: Cassel Jenner Heinrich_von_Kleist Heinrich Julian_Schmidt Marthe_Rull Marthe
161
sprach der Versucher, ‘der hilft .dir nicht aus diesen wasserwogen;
ich aber will dich noch heute zu deiner gemahlin führen, wofern
du mein sein willst.’ sie hatten ein lang gespräche, der herr
wollte sein gelübde gegen gott, das ewige licht,’nicht brechen;
da schlug ihm der teufel vor, er wolle ihn ohne schaden sammt
dem löwen noch heut abend auf den Giersberg vor Braunschweig
tragen und hinlegen, da solle er seiner warten; finde er ihn nach
der zurückkunft schlafend, so sei er ihm und seinem reiche ver-
fallen. der herzog, welcher von heiszer Sehnsucht nach seiner ge-
liebten gemahlin gequält wurde, gieng dieses ein und hoffte auf
des himmels beistand wider alle künste des bösen, alsbald ergriff
ihn der teufel, führte ihn schnell durch die lüfte bis vor Braun-
schweig, legte ihn auf dem Giersberg nieder und rief: ‘nun wache,
herr! ich kehre bald wieder.’ Heinrich aber war aufs höchste er-
müdet, und der schlaf setzte ihm mächtig zu. nun fuhr der teufel
zurück und wollte den löwen, wie er verheiszen hatte, auch ab-
holen; es währte nicht lange, so kam er mit dem treuen thiere
daher geflogen, als nun der teufel, noch aus der luft herunter,
den herzog in müdigkeit versenkt auf dem Giersberge ruhen sah,
freute er sich schon im voraus; allein der löwe, der seinen herrn
für todt hielt, hub laut zu schreien an, dasz Heinrich in demsel-
den augenblicke erwachte. der böse feind sah nun sein spiel
verloren und bereute es zu spät, das wilde thier herbeigeholt zu
haben; er warf den löwen aus der luft herab zu boden, dasz es
krachte, der löwe kam glücklich auf den berg zu seinem herrn,
welcher gott dankte und sich aufrichtete, um, weil es abend werden
wollte, hinab in die stadt Braunschweig zu gehen, nach der bürg
war sein gang, und der löwe folgte ihm immer nach. groszes ge
töne scholl ihm entgegen, er wollte in das fürstenhaus treten, da
wiesen ihn die diener zurück, ‘was heiszt das getön und pfeifen?’
rief Heinrich aus, ‘sollte doch wahr sein, was mir der teufel gesagt?
und ist ein fremder herr in diesem haus?’ ‘kein fremder,’ antwor-
tete man ihm, ‘denn er ist unsrer gnädigen frauen verlobt und
bekommt heute das Braunschweiger land.’ ‘so bitte ich,’ sagte der
herzog, ‘die braut um einen trunk weins, mein herz ist mir ganz
matt. da lief einer von den leuten hinauf zu der fürstin und hin-
terbrachte, dasz ein fremder gast, dem ein löwe mit folge, um
einen trunk wein bitten lasse, die herzogin verwunderte sich,
füllte ihm ein geschirr mit wein und sandte es dem pilgrim. ‘wer
magst du wohl sein,’ sprach der diener, ‘dasz du von diesem
edlen wein zu trinken begehrst, den man allein der herzogin ein-
schenkt?’ der pilgrim trank, nahm seinen goldnen ring und warf
ihn in den becher und hiesz diesen der braut zurücktragen, als
sie den ring erblickte, worauf des herzogs scliild und name ge-
schnitten war, erbleichte sie, stund eilends auf und trat an die
zinne, um nach dem frein düng zu schauen, sie ward den herrn
Colßhorn u. Goedcke'tz Lesebuch Iii 1 -i
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend]]
TM Hauptwörter (200): [T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T97: [Heinrich Herzog Graf Erzbischof König Grafe Kaiser Stadt Herr Mainz]]
Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich
104
Und aus des Hauses Asche zog ich ihn
Hervor, glasiert, am andern Morgen, glänzend,
Als käm' er eben aus dem Töpferofen.
Nun diesen Krug jetzt — diesen Krug —
Zertrümmert einen Krug noch werth — den Krug,
Für eines Fräuleins Mund, die Lippe selbst
Nicht der Frau Erbstattbalterin zu schlecht,
Den Krug, ihr hohen Herren Richter beide,
Den Krug hat jener Schlingel mir zerbrochen.
62.
Bittschrift an das künftige Erziehungstribunal.
Bon Sturz.1)
Schriften. Leipzig 1779—82. — 1784. Ii, 369.
Wenn ench ein Vater des Volks einst versammelt, o ihr
Freunde der Jugend, so erwägt auch mein Leiden und eifert gegen
das Vornrtheil, dessen Opfer ich bin. Ich und meine Schwester
sind Zwillinge und uns äußerlich so ähnlich, wie die Blätter Eines
Banmesz aber eine parteiische Erziehung hat uns zu ganz ver-
schiedenen Geschöpfen gemacht. Mich Arme gewöhnte man früh,
meine Schwester als eine vornehmere Person zu betrachten. Sie
nahm bei jeder Gelegenheit den Rang über mir. Sie allein wurde
belehrt und gebildet, und ich wuchs ivie eine Bäuerin heran. Sie
wurde im Zeichnen, Schreiben und in nützlichen Kenntnissen un-
terwiesen, ich, wie eine Magd in der Familie, nur zu verächtlichen
Arbeiten geiibt, und wenn ich cs wagte, die Nadel oder die Feder
zu ergreifen, so waren empstndliche Schimpfwörter, ja nicht selten
die Ruthe, mein Lohn. Ist es nicht uiigerccht, alle Zärtlichkeit an
Einem Kinde zu verschwenden? anerfchaffne Fähigkeiten nicht
zu entwickeln? eine Rangordnung unter Geschwistern zu dulden,
die alles wechselseitige Vertrauen aufhebt? — In unserm Hanse
fügt es sich zum Unglück, daß wir beide unsre Brüder und
Schwestern ernähren müssen, und diese Sorge fällt größtentheils
auf meine wohlerzogene Schwester. Man setze den Fall, daß sie
bettlägerig würde — und sie ist leider! mit Gichtflüssen geplagt —:
müßte denn nicht Hunger und Elend unser unvermeidliches Los
sein? Denn ich bin nicht geschickt genug, einen Bettelbrief zu
schreiben, und muß mich auch zu diesem Aufsatz fremder Hände be-
dienen. Sie sann sterben, und so bleibt unsrer verlaßnen Faniilie
keine Versorgerin übrig.
O, gebieten Sie den Eltern gegen alle ihre Kiitder eine un-
getbeilte. unparteiische Liebe!
Ich bin Ihre demüthige Dienerin
die linke Hand. 1
1) N. d. Eng!, des B. Franklin.
TM Hauptwörter (50): [T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann], T116: [Vater Kind Mutter Sohn Bruder Herr Mann Auge Frau Hand], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
Extrahierte Personennamen: Erbstattbalterin Franklin
121
Springt das Thier nicht auf ihm herum und leckt ihn am Barte!
Und ich muß die Arbeit verrichten und schleppe die Säcke.
Er probier' es einmal und thu' mit fünf, ja mit zehen
Hunden im Jahre so viel, als ich des Monats verrichte!
Und doch wird ihm das Beste gereicht; mich speist man mit Stroh ab,
Läßt auf der harten Erde mich liegen, und wo man mich hintreibt,
Oder reitet, spottet man meiner. Ich kann, und ich will es
Länger nicht dulden, will auch des Herren Gunst mir erwerben.'
'Als er so sprach, kam eben sein Herr die Straße gegangen;
Da erhub der Esel den Schwanz und bäumte sich springend
Über den Herren und schrie und sang und plärrte gewaltig,
Leckt' ihm den Bart und wollte nach Art und Weise des Hundes
An die Wange sich schmiegen und stieß ihm einige Beulen.
Ängstlich entsprang ihm der Herr und rief: 'O! fangt mir den Esel,
Schlagt ihn todt!' Es kamen die Knechte, da regnet' es Prügel,
Nach dem Stalle trieb man ihn fort: da blieb er ein Esel.
'Mancher findet sich noch von seinem Geschlechte, der andern
Ihre Wohlfahrt misgönnt und sich nicht besser befindet.
Kommt dann aber einmal so einer in reichlichen Zustand;
Schickt sich's grad', als äße das Schwein mit Löffeln die Suppe,
Nicht viel besser fürwahr. Der Esel trage die Säcke,
Habe Stroh zum Lager und finde Disteln zur Nahrung.
Will man ihn anders behandeln, so bleibt es doch immer beim Alten.
Wo ein Esel zur Herrschaft gelangt, kann's wenig gedeihen.
Ihren Vortheil suchen sie wohl; was kümmert sie weiter?
'Ferner sollt Ihr erfahren, mein König, und laßt Euch die Rede
Nicht verdrießen, es stand noch auf dem Rahmen des Spiegels
Schön gebildet und deutlich beschrieben, wie ehmals mein Vater
Sich mit Hinzen verbündet, auf Abenteuer zu ziehen,
Und wie beide heilig geschworen, in allen Gefahren
Tapfer zusammen zu halten und jede Beute zu theilen.
Als sie nun vorwärts zogen, bemerkten sie Jäger lind Hunde
Nicht gar ferne vom Wege; da sagte Hinze der Kater:
'Guter Rath scheint theuer zu werden!' Mein Alter versetzte:
'Wunderlich sieht es wohl aus, doch hab' ich mit herrlichem Rathe
Meinen Sack noch gefüllt, und wir gedenken des Eides,
Halten wacker zusammen, das bleibt vor allen das erste.'
Hinze sagte dagegen: 'Es gehe, wie es auch wolle,
Bleibt mir doch ein Mittel bekannt, das denk' ich zu brauchen.'
Und so sprang er behend auf einen Baum, sich zu retten
Vor der Hunde Gewalt, und so verließ er den Oheim.
Ängstlich stand mein Vater nun da; es kamen die Jäger.
Hinze sprach: 'Nun, Oheim? Wie steht's? so öffnet den Sack doch!
Ist er voll Rathes, so braucht ihn doch jetzt, die Zeit ist gekommen.'
Und die Jäger bliesen das Horn und riefen einander.
Lief mein Vater, so liefen die Hunde, sie folgten mit Bellen,
Und er schwitzte vor Angst, und kaum entgieng er den Feinden.
'Schändlich, Ihr habt es gehört, verrieth ihn der nächste Verwandte,
Dem er sich doch am meisten vertraut. Es gieng ihm ans Leben,
Denn die Hunde waren zu schnell, und hätt' er nicht eilig
Einer Höhle sich wieder erinnert, so war es geschehen;
Aber da schlupft' er hinein, und ihn verloren die Feinde.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]